Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen
Zuerst weht ein leichter Wind,
Leicht bewegen sich
Die Blaetter in den Baeumen.
In der Ferne, weit in der Ferne.
Pausenlos die Glocke der Wasserverkaufer.
Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen.
X X X
Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen.
In der Höhe die Schreie der Vögel,
Die in Scharen fliegen,
Die grossen Fischernetze werden eingezogen,
Die Füsse einer Frau berühren das Wasser.
Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen.
X X X
Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen.
Der kühle Basar, Mahmutpascha mit dem Geschrei der Verkaufer,
Die Höfe voll Tauben.
Das Gehammer von den Docks her;
Im Frühlingswind der Geruch von Schweiss.
Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen.
X X X
Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen.
Im Kopf den Rausch vergangener Feste.
Eine Strandvilla mit halbdunklen Bootshausern,
Das Sausen der Südwinde legt sich.
Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen.
X X X
Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen.
Ein Damchen geht auf dem Gehsteig.
Flüche,Lieder , Rufe hinter ihr her.
Sie lasst etwas aus der Hand fallen,
Es muss eine Rose sein.
Ich höre Istanbu, meine Augen geschlossen.
X X X
Ich höre Istanbul meine Augen geschlossen.
Ein Vogel zappelt an deinen Haengen.
Ich weiss, ob deine Stirn heiss ist oder nicht.
Ich weiss, ob deine Lippen feucht sind oder nicht.
Weiss geht der Mond hinter dem Nussbaeumen auf,
Ich weis es von deinem Herzschlag.
Ich höre Istanbul.
ORHAN VELİ KANIK (1914-1950)